Wie heiß ist dein Preis?

Was tut man nicht alles für Geld? Eine Frage, die zugegebenermaßen schon einen recht langen Bart trägt. Viel interessanter wäre an dieser Stelle mal ein Perspektivenwechsel. Welche Jobangebote flattern einem so in den Posteingang, wenn man bei Ebay eine Kleinanzeige mit dem, doch recht prägnanten Text: junge frau sucht dringend job, egal was, egal wo’ aufgibt?

Der Konsumzwang des modernen Kapitalismus zwingt uns zur Partizipation. Wer gesellschaftliche Teilhabe anstrebt, muss sich am Kreislauf von Ware und Wert beteiligen. Aber um aufs Konsumkarussell aufzusteigen, muss erst einmal für ein Auskommen gesorgt werden. Und das ist oft nicht so einfach. Ob durch jüngste Konzernschließungen freigesetzt, oder als Post-Student erst gar nicht den Fuß in die Tür zum Arbeitsmarkt bekommen – oft bleibt vorerst nur das geringfügige Beschäftigungsverhältnis.

Das prekäre Arbeitsverhältnis – ein kollektives Schicksal das promovierte Politikwissenschaftler, alleinerziehende Mütter, ehemalige Schlecker-Kassiererinnen, Schulabbrecher  und Studenten nahezu jeder Fachrichtung eint. Eckpfeile dieses Verhältnisses sind hohe Fluktuation, geringe Eintritts- und ebenso geringe Austrittsbarrieren, aufgrund vollkommener Ersetzbarkeit des seelenlosen, arbeitsverrichtenden Niedriglohn-Zombies. Arbeitnehmerrechte und Mindestlohn fallen dagegen eher durch ihre Absenz auf.

Wer nicht im Zirkus-der-auf-450€-begrenzten-Erniedrigung mitspielen will, kann immer noch Eigeninitiative zeigen und sich und seine Arbeitskraft auf Internetauktionsportalen feilbieten.

“hi machst du auch sex?”

Aber sind die Angebote sittlich hochwertiger oder wenigstens lukrativer? Moralische Werte darf man eher nicht erwarten, wenn man als junge Frau seinem  Grad der Verzweiflung mit dem Adjektiv “dringend” Nachdruck verleiht.

“Ich suche ein freches Model für ein Fotoshooting in Akt. Hast du Lust? Keine Veröffentlichung.”

Wer Dringlichkeit riecht, verfällt auf plumpe Angebote weil er denkt, mit steigender Arbeitsbereitschaft sinkt das Maß an persönlichen Grenzen. Dass die meisten Angebote in engeren oder weiteren Bahnen um das Thema Sex kreisen, überrascht kaum.

“Ich bin Fotograph im Bereich sexistischer und pornographischer Akt. Habe ein Fotostudio in der Nähe und eventuell besteht Interesse, als Fotomodell zu arbeiten. Shootings sind ohne Gesicht und Ihr verdienst liegt bei 900 Euro.”

Wer allerdings ausschließlich triviale Offerten wie „hi machst du auch Sex?“ erwartet, wird positiv überrascht, von der Mannigfaltigkeit der Angebote. Einige liegen doch in beträchtlicher Entfernung des schnöden 08/15 “Habe Geld, suche  Freunde”- Klassikers, sodass sie im ersten Moment eine interessante Abwechslung vom immer gleichen Kaffee servieren im Kellnerjob, oder telefonieren im Callcenter  bieten.

“Ich bin Steinbildhauer, möchte eine Skulptur machen, dafür suche ich ein Po-Model. es ist absolut diskret. Bezahlung sehr gut.”

Denn mal ehrlich, wer würde nicht gerne seine Kehrseite in Stein gemeißelt betrachten? Da haste mal was für die Ewigkeit. Dagegen schmieren die kollektiv-individuellen Babybauchabdrücke werdender Mütter, die sich noch Jahre nach dem sie geworfen haben ihrer Trächtigkeit und dem dazugehörigen Prä-Still-Busen erinnern wollen, wahrlich ab.

Stutzig und zugleich neugierig wird mein bei der Suche einer Antwort auf die Frage, was zur Hölle eigentlich sexistischer Akt sein soll? Steht das Model hier im Slip-Ouvert über den Herd gebeugt und schrubbt das Cerankochfeld während der Göttergatte im Hintergrund, in Feinripp gewandet, sein 5.0er vor der Glotze genießt?

Oder ist das Motiv hier die sexy-keusche Sekretärin, die sich weit nach vorne beugt um dem Chef Kaffee nachzuschenken, dabei das sowieso schon kaum verhüllte Dekolleté preisgibt und ein verzücktes Lächeln ihren roten Schmollmund umspielt, während die Hand, die sie füttert, auf ihrem Allerwertesten liegt?

“hi würde dir finanziell immer helfen wenn du mich gelegentlich massierst. melde dich doch mal.”

Welche Dienstleistung erwartet wird, wenn die Stellenbeschreibung lautet „wenn du mich gelegentlich massierst“,  bedarf nicht allzu viel Fantasie. Und was ein „Fotograf“ mit Bildern von einem „frechen Model“ vorhat, die nicht zur Veröffentlichung gedacht sind, sondern nur privaten Zwecken dienen sollen, möchte man sich doch nicht allzu bildhaft vorstellen.

“Wird dabei nur Seriöses oder auch Unseriöses für gutes Geld gesucht??”

Wenigstens das Stellenangebot der persönlichen Assistenten würde sich gut im Lebenslauf machen. Dass Logis mit inbegriffen ist, macht das Engagement in Hamburg umso attraktiver. Welche Art von „Job“ man hier zu verrichten hat, sollte sich jedoch im Arbeitszeugnis nicht unbedingt wiederfinden.

Die Krux an all diesen Angeboten stellt sich bei näherer Betrachtung allerdings wie folgt dar: Wer nicht einigermaßen ansehnlich, nach Möglichkeit jung und in jedem Fall weiblich ist, scheint aus dieser Arbeitsmarkt-Nische ausgeschlossen zu sein.

„Ich männlich 27 (Foto vorhanden) suche Dich 😉 Wir verbringen einen schönen Abend miteinander, Cocktail trinken gehen & evtl. Kino & haben anschließend Spaß 🙂 Dafür würdest du ein entsprechendes Honorar bekommen. Interesse geweckt?”

Was macht man nun, wenn man zum Beispiel ein Mitte-50-jähriger Halbglatzenträger mit leichtem Bierbauch ist, der die letzten Jahre bei der Quelle an der Pforte gearbeitet hat?

Dann scheint die Tür zu zwielichtigen Job-Angeboten auf dem Internetmarkt fest verschlossen zu bleiben.

„Ich männlich 27 (Foto vorhanden) suche Dich 😉 Wir verbringen einen schönen Abend miteinander, Cocktail trinken gehen & evtl. Kino & haben anschließend Spaß 🙂 Dafür würdest du ein entsprechendes Honorar bekommen. Interesse geweckt?”

Ob es sich allerdings tatsächlich um ein Privileg handelt, zur Zielgruppe gewisser Arbeitgeber zu gehören, bleibt fraglich. Leider ist es nötig, sich auf die eine oder andere Art Zahlungsmittel zu verschaffen, um sich damit gesellschaftliche Teilhabe zu erkaufen. Denn der Wille nach sozialer Inklusion durch Konsum zwingt uns dazu, unsere Besitztümer solange zu mehren bis sie uns aus Ohren, Schränken und Schubladen quellen.

Also bleibt dem ambitionierten Konsumenten wohl nur, seine Seele auf den Markt zu werfen und zu sehen, was dafür zu kriegen ist. Welchen Weg er dazu wählt, bleibt im Großen und Ganzen ihm überlassen, das heißt, solange der restriktive Markt nicht den Arbeitswilligen aufgrund seiner körperlichen Attribute vom Spiel ausschließt. Dann steht man da, am Rande des Spielfelds, wie das traurige Kind das zuletzt ins Völkerball-Team gewählt wird.

Wer sich nicht dieser doppelten Erniedrigung aussetzen will, sollte also doch lieber auf den Exkurs in die Welt der Onlinewarenhausgeschäfte verzichten und bei Altbewährtem bleiben. Denn niemand möchte hören, dass die Qualität des Angebotes nicht den Vorstellungen entspricht.

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